Das große Warten

Das große Warten.

Samstag  3.5. Svenja ist weg und ich nun alleine. Den ersten Nachmittag allein verbringe ich damit die Wäsche waschen zu lassen. Ich besuche Harald, den Besitzer der Mooringtonne und aus Deutschland stammend, und bitte, wenn möglich an der Tonne einige Tage liegen bleiben zu dürfen. „Jaa, ich hab ja nix sage wolle, als ich Geschter vorbei gefahre bin und Ihr gegesse haabt, aber eigentliccch neet aber auschnahmswese dooch bis Montagg. Denn komme  andere.“  Na danke schön und was kostet es? „ Ohh nescht oder 1 oder 2 Pulle Wein oder ne Flasch Conjach“.  „Abgemacht.“ Dann räume ich auf und wasche und schrubbe Malamok  mit Süßwasser aus dem Bordtank ab. Wurde mal Zeit.

Den Sonntag 4.5 verpenne und vergammele ich. Ja und dann? So geht’s nicht weiter.

Montag 5.5. Die Reederei benachrichtig mich, dass das die MV Scheldegracht jetzt erst zwischen dem 18 und 20 Mai in St Thomas eintrifft. Na Super, noch länger Warten, der ursprünglich angesetzte Rückflugtermin am 19.5 ist damit nicht zu halten. Das ganze verschiebt sich nach  hinten. Ich spreche mit der Crew und es gibt natürlich Probleme. Ggf muss ich mir eine neue Crew für die Überführung Southampto>Bremerhaven suchen. Später verhole ich das Schiff vor die Stadt um eine bessere Ausgangsposition zu haben. Vorher bring ich Harald aber noch seine Flasche Cognac. Ich könne jetzt doch länger bleiben. Der andere wäre in die Marina gegangen. Ja danke, später vielleicht,  jetzt will ich erst mal eine Bucht weiter. - Charlotte Amalie bietet nicht viel außer zig Schmuckläden aller Größe. Es ist es heiß und so kühle ich in dem einem oder anderen Geschäft ein wenig ab. Die sind fast Kühlhäuser. Bei Breitling schaut man mich etwas mitleidig an und als ich sage ich möchte mir die Uhren nur anschauen, klopft der Verkäufer mir auf den Rücken und sagt ich solle mir ruhig Zeit lassen. Aber argwöhnisch beäugen tun sie mich schon.  Irgendwann habe ich Hunger und noch viel mehr Durst.  In der Kneipe die ich mir aussuche laufen die Mädels in Hot Pans und engen Pullis rum. Nett anzuschauen. Meine Bedienung Sue kommt und ist mindestens 65-70, auch im gleichen Outfit wie die anderen. Na ja das muss ja jetzt nicht unbedingt sein! Bei ihr haben sämtliche anti aging creams voll versagt. Aber so sind se die Amis.  Nach dem Imbiss hab ich keine Lust mehr zum Bummeln und will nur noch schnell an Bord. Ich schmeiß mein Dingi los und mach den Motor an. Er läuft , Gang rein und steht sofort wieder. Also noch mal Gang raus, Motor an und Gang rein. Er heult kurz auf und steht sofort wieder. Ich hab einen Tampen in der Schraube. Nein nicht ich sondern der Motor. Lieber beim Dingi als bei Malamok denke ich. Also Leine raus gefummelt und …? Nix und! Der Tampen (natürlich mein eigener) hat sich zwischen Propeller und Schaft gewickelt und den Scherstift ab geschert. Ein freundlicher Engländer kommt und frag ob er helfen kann. Ja, kann er, wenn er zu seinem Schiff  fährt kann er mich abschleppen. Tut er. Als wir bei Malamok sind, sagt er mir, dass wir vor ein paar Tagen zusammen über UKW telefoniert haben. Er hatte uns zwischen St John und St Croix angefunkt und wollte wissen ob wir sein AIS-Signal empfangen. So klein ist mal wieder die Welt.  Ich mach mich an die Reparatur. Alten Scherstift raus würgen und den neuen suchen. Der hängt doch eigentlich unter dem Motor.  Tut er nicht mehr. Muss wohl irgendwann wann beim an Bord nehmen oder so abgefallen sein und keiner hat´s bemerkt. Ich durchsuche das Schiff nach einem passen Ersatz. Findet sich aber nicht. Also wird eine M4 Schraube geköpft und es funktioniert.

Dienstag 6.5 gammele ich wieder. Lese unendlich viel und mache mich nachmittags auf der Suche nach einem Supermarkt. Finde nix, nur wieder Schmuckgeschäfte. Also entschließe ich mich  Charlotte Amalie zu verlassen und wieder zur alten Mooringtonne gegenüber der Crown Bay  Marina zu fahren. Dort gibt es einen sehr guten und noch teureren kleinen Supermarkt.

Mittwoch 7.5 Ich werde zum Einhandsegler. Bei stürmischen 2 in Böen 2-3 Bft segel ich unter Vollzeug nach St John. Ich finde in einer geschützten, aber vollen, Bucht zwischen allen Booten einen großen Sandfleck mit genügend Freiraum zu den Nachbarschiffen und schmeiße den Anker.

Nachts tobt ein ca. 10 sm südwestlich von mir  ein schweres Gewitter, von dem ich nur die Ausläufer mitbekomme. Die sind allerdings heftig. Es gießt wie ich es noch nie in meinem Leben erlebt habe, Ein Schauer nach dem anderen. Zum Glück nur mit Böen bis 4 Bft. 

Donnerstag 8.5 Morgens scheint die Sonne wieder. Ich will weiter die Küste runter in die schönen Buchten, in denen ich schon mit Svenja gewesen bin. Der Anker ist halb hoch, da versagt die Ankerwinch. Der Motor dreht, aber die Kettennuss steht. Das muss ergründet werden. Ich berge das bereits gesetzte Großsegel. Dann mache ich mich an die Reparatur. Ich baue den Motor mit dem Getriebe aus. Ein Kinderspiel dank Schnellverschluss, wenn ich dafür nicht in den Kettenkasten müsste. Aber geht schon. Im Cockpit unter dem Bimini versuche ich dann das Getriebe zu öffnen, Leider versperren mir Wellendichtringe den Weg. Wenn ich die entferne, und das geht nur in dem ich sie zerstöre, kann ich das Getriebe nicht mehr zusammenbauen, selbst wenn ich denn Schaden im Getriebe, der vermutlich aus einem ab gescherten Keil besteht, bekomme ich das Getriebe nicht wieder zusammen. Also gebe ich schweren Herzen auf. Meine Suche im Internet nach einem Händler in den Virgin Island bleibt vergeben. Als ich alles wieder weg geräumt habe und sauber gemacht habe ist es Nachmittag und es fängt wieder an zu Regnen und aus der Ferne hört man Donner. Also bleibe ich hier. Der Wetterbericht sagt für die nächsten 5-6 Tage weiter Gewitter und Regen an. Na super.

Freitag 9.5Die Sonne scheint zwischen den dicken Wolken durch und es ist trocken. Also entschließe ich mich weiter zu segeln. Ich wuchte den Anker von Hand hoch. Zum Glück liegt er auf nur 4mtr. Man stelle sich vor 15 mtr Wassertiefe x 1,35kg/mtr für die Kette sind schon 20 kg + 20 kg der Anker, der dazu noch aus dem Sand gebrochen werden muss und an dem ganzen zerren 10 Tonnen Malamok. Ich entschließe mich neue Wege zu segeln und fahre an die Nordseite von St Thomas. Dort soll eine wenig besuchte aber landschaftlich sehr schöne Bucht sein. Ist sie natürlich auch. Ich anker auf 5 mtr Wassertiefe als einziges vor einem großen Sandstrand an dem einige Touristen sich aufhalten. In der ganzen Bucht, die wohl sm lang ist liegen nur zwei kleinere Segelschiffe und zwei ganz kleine Motorboote die wohl Einheimischen gehören werden. Leider ist es bedeckt und es regnet hin und wieder heftig. Dafür ist die Wassertemperatur 29° und unter Deck messe ich 32°

Und deshalb end jetzt erst mal mein Bericht und ich gehe Baden.

Samstag 10.5. Ich bin seit 4 Tagen Einhandsegler. GEILE NUMMER SAG ICH Euch! Besonders wenn Ankerwinde und Segelinstrumente in A….sind. Habe soeben ca. 20 sm unter Maschine hinter mich gebracht.  Hier ist seit 2 Tagen stürmischer Wind bis 6, Wolkenbrüche, Blitz und Donner. War gestern in der Magens Bay auf der Nordseite von St Thomas. Malamok war die einzige bewohnte Yacht. Der 1km lange weiße Palmenstrand war menschenleer. Die Villen am Ufer fast alle unbewohnt. Dafür war das Wasser 29° warm. Nachts hat es ordentlich geweht und gegossen. Da für die nächsten 10 Tage das gleiche Wetter angesagt ist, habe ich mich heute Morgen in einem Flautenloch auf den Weg gemacht. Kaum war ich aus der Bucht raus hörte es auf zu regnen und fing an zu gießen,  so, dass das Wasser geschäumt hat. Gleichzeitig hat es auf 8 in Böen Anfang 9 Bft. aufgebriest. Dann sind die Segelinstrumente mal wieder ausgefallen. Zum Glück hat der Regen die Wellen platt gemacht und ich hab bei Volllast mit 3kn den Schutz der nächsten Passage erreicht. Danach wurde der Regen weniger und wärmer.  Zwischendurch habe ich erwägt bei 4 Bft von achtern die Fock raus zu lassen. War gut, dass sie drin  geblieben ist.  In Charlotte Amelie fing´s wieder an. Meine reservierte Mooring war neu vergeben und ich musste wieder Ankern. Beim ersten Mal hat er nicht gehalten. Könnt euch vorstellen wie ich jetzt drauf bin.
Und im A…. da kocht das Wasser!

Der Rest der Zeit ist kurz beschrieben. 3 Tage vor Anker. Ein bisschen durchs Dorf latschen. Aber hier ist es wie auf Helgoland, hast Du einen Laden gesehen, hast du alle gesehen. Nach 3 Tagen wuchte ich den Anker von Hand hoch und  verhole an die alte Mooring, an der ich bis zum Schluss liegen bleiben darf. Hier ist es, was den Schwell betrifft ruhiger und ich kann beobachten, wie insgesamt 3 Frachtschiffe mit zum Teil sehr großen Yachten beladen werden. Ein Dockschiff und zwei Schwergutschiffe sind es. Die Schwergutschiffe brauchen ca. 2 Stunden pro Yacht um diese mit den eigenen Kränen an Bord zu hieven. Die Scheldegracht soll 47 Schiffe nach Southamton bringen. Man kann sich ausrechnen, wie lange es dauern wird. Von der Reederei kommt eine Verschiebung nach der anderen.  Erst soll der Dampfer am 18-20.5 nach St Thomas kommen,  dann soll es der 19-21.5 sein und jetzt kommt die Nachricht, dass das Schiff vor Mexico für mehrere Tage auf Reede liegt um Zollformalitäten zu erledigen. Jetzt rechnet man "between 25.5". Zumindest ist die Reederei jetzt bereit die Kosten für die Liegegebühr in der Marina und die Handlinggebühr durch das Verladen durch eine Firma zu übernehmen.

Ich hab die Nase gestrichen voll und nehme das Angebot an. Am Montag den 19.5 verbringe ich Malamok in die Yacht Haven Grande Marina und versuche für Mittwoch einen Flug nach Hause zu bekommen.

Wann ich Malamok in Southampton wieder übernehmen kann, kann ich nur schätzen. Jedenfalls hab ich jetzt massive Crewprobleme. Klar, dass die Jungs die zugesagt haben, sich nicht den ganzen Sommer für mich freihalten können. Bernhard ist auf den Cap Verden, Holger ist frisch am Knie operiert, und Günter hat seinen Familienurlaub geplant. Einzig Dirk scheint sich frei machen zu können.

Inzwischen bereite ich massiv die Rückreise vor.  Großsegel und Genua habe ich runtergenommen und zusammengelegt. Mann, das ist vielleicht eine Plackerei wenn du es allein machen musst. Das Achterstag ist vorbereitet, damit es beim Verladen schnell abgebaut werden kann. Die Fallen sind abgebunden.  EPIRB und Markierungsboje sind unter Deck verstaut. Der Watermaker läuft ein letztes Mal um anschließend konserviert zu werden. Unter Deck muss aufgeklart werden. Am letzten Tag steht dann noch an das Dingi und den Außenborder zu Reinigen und unter Deck zu verstauen. Bimini und Sprayhood müssen abgebaut werden und der Baum an Deck verzurrt werden. Und und und.  Es gibt noch viel zu tun, bevor ich hoffentlich schon am Mittwoch endlich in den Flieger steigen kann.

Dann geht eine lange Reise leider und endlich zu Ende.

 Update 20.5

 

inzwischen, Dienstag 20.5. ist alles getan. Malamok ist abgetakelt, Alles an Deck festgezurrt. Unter Deck ´s jetzt nicht mehr so gemütlich aus. Alle Segel, die Segellatten, die Stoffe von Sprayhood und Bimini sind wie die Persenning von Fock und Großsegel sind unter Deck verstaut.  Der Außenborder in der Backskiste und das Dingi in der Tasche an Deck.

 

Morgen nach dem Frühstück, es ist eigentlich nichts mehr da außer einer 2cm Salami, eine Fanta und etwas Butter, wird noch mal kurz sauber gemacht und der Kühlschrank stillgelegt. Danach werde ich an Deck meine Abschiedszigarre rauchen und dann ab zum Flughafen. Deutschland ich komme. Über Miami, und London werde ich am Donnerstag am Nachmittag in Hamburg landen. Birgit holt mich ab. Dann NUR noch im Berufsverkehr durch den Elbtunnel. Dann bin ich endlich wieder zu Hause. Wie ich höre, soll ja inzwischen fast karibisches Wetter in Bremen und umzu sein. Klasse. Ich hab schon  T-Shirts und ne kurze Hose eingepackt. Der Rest bleibt hier, denn......

in der Woche nach Pfingsten muss Malamok noch 500 sm von Southamton nach Bremerhaven gesegelt werden. Fest zugesagt hat bisher nur Dirk V. Günter ist noch fraglich und Holger kann aus beruflichen Gründen nicht. Also wir noch jemand gesucht. Hans? Jochen? Dirk P.? Benni? Karsten?  Wolfgang? Hubert? Der Bekannte von Svenja? oder wer kommt sonst noch in Frage den ich vergessen habe?  Meldet Euch. Notfalls fahren wir auch zu fünft oder sechst. Das wäre allerdings ein Novum auf dieser Reise.

Während ich schreibe läuft im Radio spanische Musik aus Puerto Rico. Das macht mir bewusst, dass da noch was ist. Puerto Rico, Dom Rep, Jamaica und Cuba.  NEE NEE Birgit keine Angst, keine neuen Pläne. Im Moment bin ich bedient und das nächste Mal soll jemand anderes sein Schiff hier rüber bringen.  Dirk V. wie wäre es mit Asmara? (Comfortina 39)    Wer dafür ist, melde sich bitte im Gästebuch.

Das wär´s fürs erste mit den Berichten. Wir melden uns wieder wenn es in Southamton los geht.

Ich trink jetzt das letzte von Helgoland mitgebrachte und von mir an allen Crewmitgliedern vorbei geschmuggelte eiskalte Beck´s

 

Abgetakelt für den Transport sieht  Malamok für mich irgend wie traurig aus. Aber eine neue Nationale hat er bekommen. Die alte, ausgefranst, löchrig und ausgebleicht, kommt jetzt erst mal am Flaggenmast in Lilienthal  zum Einsatz. Da drunter können unsere Besucher mit uns auf den Segelsport -und die tollen Typen die ihn betreiben - anstoßen. ;-)

 

PS. Eine Motoryacht nebenan wurde heute mit 8.550 Gallonen = 33.000 ltr. Diesel betankt. Auch wenn die Gallone hier nur 1,75$ kostet sind das mal eben gute 10.000€ 

Da sag noch einer, Segeln ist teuer!

 

 

 

 

 


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